Kritik Urner Woche von Elisa Hipp

Buchtipp «Reduit» von David Weber
Drei Zürcher wollen mit einem ehemaligen Bunker der Schweizer Armee in Wassen Geschäfte machen. Stattdessen verstricken sie sich in Liebe und Hass.

Die drei alten Zürcher Freunde Heinrich, Al und Luca kaufen ein ehemaliges Depot der Schweizer Armee in einem Seitental des Meientals. Anteile daran sollen an reiche Kunden verkauft werden. Das ist der Plan. Al, der Architekt ist, wird nach Wassen geschickt, wo der überzeugte Single im Gasthof Kreuz unterkommt. Dort lernt er nicht nur den einheimischen Noldi Gwerder kennen, der ihm das Depot vermittelt, sondern auch die kubanische Serviertochter Lisa. Obwohl er es nicht will, verliebt er sich in sie, doch Feigheit und Egoismus gefährden diese Gefühle. Und Joe Tresch. Der junge Pilot ist der Geschäftsmann und Gönner von Wassen und nebenbei Lisas Freund. In Zürich kämpft Heinrich gegen seine Frau Iris und Luca gegen das Gesetz. Das sind die Figuren. Am Ende werden viele verfeindet und zwei tot sein. «Das Reduit, geheim, heimlich und unheimlich, verstrickt überraschende Gedanken und gefährliche Handlungen in ober- und unterirdische Strudel», heisst es auf dem Buchumschlag. Tatsächlich konnte ich mich manchmal nicht mehr lösen von dem Buch.

Im Lesestrudel

Al befindet sich drei Viertel seiner Buchzeit über in irgendwelchen Rausch-, Angst-, Irrzuständen, so scheint es. Auch seine Zürcher Freunde sind ähnlich über­ zeichnet. Zum Glück. Sonst wären nur die Wassner so überzeichnet. Denn die sind ‘auch «bauernschlau», regeln ihre Sachen alleine und gehen nur in die Beiz, in der mittelmässiges Essen gekocht und der Serviertochter an den Hintern gefasst wird (war wohl vor «#metoo»). Dazu regnet es 99 Prozent der Zeit in Wassen. Ganz ehrlich? Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ein Urner Hinterwald-Dorf zur Klischeebestätigung herhalten musste. Und doch: Ich habe weitergelesen, musste weiterlesen, während es draussen regnete. Was für ein Zufall! Ich bin über die Namen gestolpert - wer heisst in Erstfeld Forrer, wer in Wassen Gwerder? - und darüber, wie jemand nach der Erstfelder Unterführung die Schule und die Turnhalle nicht finden kann. Egal, die Geschichte zog mich in den Bann. Denn es stimmt: Sie zieht einen in einen Lesestrudel.

Elisa Hipp, Urner Wochenblatt, 15. Juni 2019

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